Die Kleiber-Studie

Jeder vierte Deutsche hat Haschisch geraucht

Jeder vierte Deutsche hat schon einmal Haschisch oder Marihuana
geraucht. Der größte Teil dieser Gruppe habe die aus der
Cannabis-Pflanze gewonnene Droge jedoch nur während der Jugend
konsumiert. Das berichtete der Berliner Professor Dieter Kleiber vom
Institut für Prävention und psychosoziale Gesundheitsforschung heute
in Münster. Nach wie vor werde in den alten Bundesländern etwa dreimal
so viel Haschisch geraucht wie in den neuen Ländern. Wirklich abhängig
seien maximal zwei Prozent der regelmäßigen Konsumenten.

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Determinanten unterschiedlicher Konsummuster von Cannabis

Ausgangslage:

Im März 1994 löste ein Urteil des Lübecker Landgerichtes eine erneute
heftige und kontrovers geführte Diskussion um die Substanz Cannabis
aus. Von vorrangigem Interesse war die Frage nach etwaigen
Gesundheitsrisiken, die mit dem Konsum von Cannabis einhergingen.

Diese Diskussion machte u.a. Forschungsdefizite deutlich: Die
Drogenforschung konzentrierte sich innerhalb der letzten 25 Jahre im
deutschsprachigen Raum vor allem auf den Konsum harter Drogen, während
der Konsum von Cannabis weitgehend unerforscht geblieben war.

Ziel:

Ziel des vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten
Forschungsprojektes war es

1.unterschiedliche Konsummuster von Cannabis empirisch zu
differenzieren und zu beschreiben, 

2.Korrelate der Konsummuster zu identifizieren und 

3.Korrelate von Veränderungen unterschiedlicher Konsummuster zu
untersuchen.

Methode:

Da die Grundgesamtheit der Cannabiskonsumenten nicht bekannt ist, und
eine repräsentative Haushaltsbefragung einen zu großen
Stichprobenumfang realisieren müßte, um eine hinreichend große Zahl
unterschiedlicher Konsumtypen zu erfassen, wurde eine aufsuchende
Stichprobenstrategie gewählt, die zum Ziel hatte
Cannabiskonsument/innen mit unterschiedlichen Konsummustern und
unterschiedlichen Sozialisations- und Lebensbedingungen, d.h. eine
möglichst heterogene Stichprobe, zu befragen. Die
Stichprobenrekrutierung erfolgte über Zeitungs- und Medienberichte
sowie über Interviewer/innen.

Erhebungsinstrumente waren zum einen ein teilstandardisierter
Fragebogen, der vor allem Merkmale des Konsumverhaltens, aber auch
Fragen zur allgemeinen Lebenseinstellung, soziodemographische Angaben
sowie ausgewählte psychologische Charakteristika enthiel, zum anderen
wurden zur Erfassung der Begründungen für eine Veränderung des
Konsumverhaltens qualitative Interviews durchgeführt.

Ergebnisse:

Insgesamt konnten 1458 cannabiserfahrene Personen befragt werden. Es
zeigte sich, daß Cannabiskonsum intra- und interindividuell, sowie
zeitlich hoch variabel ist, und daß auf der Basis einer multivariaten
Klassifikation neben Gelegenheitskonsumenten drei verschiedene Muster
gewohnheitsmäßigen Cannabiskonsums differenzierbar sind:
Individualkonsumenten, die überwiegend alleine und zu Hause
Cannabisprodukte konsumieren; gewohnheitsmäßige Freizeitkonsumenten,
die an durchschnittlich sechs Tagen pro Woche in sozialen
Freizeitkontexten konsumieren und die hinsichtlich ihres Konsums
Arbeit und Freizeit strikt voneinander trennen, und schließlich
gewohnheitsmäßige Dauerkonsumenten, die überall, d.h. auch in
Arbeitskontexten Cannabis konsumieren, und deren Konsum sich durch
eine häufigere Wahl substanzintensiver Konsumformen (pur) auszeichnet.

Die Analysen ehemaliger Cannabiskonsumenten konnten zeigen, daß ein
'Ausstieg' aus dem Cannabiskonsum unabhängig von der Dauer des Konsums
zu jeder Zeit erfolgen kann. Der Übergang zu partner- bzw.
familienorientierten Lebensstilen erhöht nach der hier vorliegenden
Datenlage die Wahrscheinlichkeit zur Einstellung des Cannabiskonsums.
Mit dem Einstellen des Cannabiskonsums nimmt auch die
Wahrscheinlichkeit, andere illegale Drogen zu konsumieren, deutlich
ab. Diese Befunde widersprechen der Eskalationsthese, wonach der
Konsum von Cannabis mit zunehmender Dauer quasi substanzinduziert
härtere Konsumformen wahrscheinlicher und somit einen 'Ausstieg'
unwahrscheinlicher macht. 

Eine Abhängigkeit vom Typ Cannabis entsprechend der Klassifikation des
DSM-IV ließ sich bei 2% derjenigen aktuellen Konsumenten feststellen,
die bislang ausschließlich Cannabisprodukte und nicht auch andere
'harte' Drogen konsumiert hatten. Die Abhängigkeitsraten steigen
jedoch bei parallelem, insbesondere aktuellem, Beikonsum anderer
illegaler Substanzen auf bis zu 20% und lagen in der untersuchten
Gesamtgruppe bei 8%. Interessanterweise weichen die
Selbsteinschätzungen von der objektive Diagnostik ab: Insgesamt fühlen
sich mehr Konsumenten psychisch abhängig von Cannabis als bei
Anwendung psychiatrischer Diagnosesysteme (DSM-III-R; DSM-IV)
klassifiziert würden. Die berichteten Probleme im Zusammenhang mit
Cannabis incl. der Abhängigkeitsprobleme stehen dabei in keinem
nachweisbaren Zusammenhang mit Indikatoren wie der Konsumdauer oder
Konsummengen, sondern eher mit Faktoren, die als Indikatoren einer
allgemeinen schlechteren psychischen Gesundheit gelten und
prädisponierend für ungünstige Konsumverläufe sein können (ein früher
Konsumeinstieg oder psychische Probleme wie Gehemmtheit, geringe
Selbstwirksamkeit etc.). Insofern kann problematischer Cannabiskonsum
auch als Strategie der Bewältigung (Coping) alltäglicher Belastungen
interpretiert werden.

http://www.fu-berlin.de/ipg/projekte/cannabis.html
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